Vor ein paar Jahren hatte ich hier schon einmal einen Artikel über persönliche Authtentizität veröffentlicht. Irgendwann danach las ich einen anderen, guten Fremdartikel, der mich dazu inspirierte, das Thema Authentizität in Anlehnung zu einem daraus resultierenden einheitlichen Bewusstsein zu beleuchten. 

Viele Menschen haben hier ein Problem. Dabei ist es wichtig zu differenzieren, dass verschiedene Rollen, die Du als Elternteil, Kind, Chef im Betrieb, Mannschaftsmitglied in Deinem Sportverein, etc. einnimmst, die natürlicherweise ein verschiedenes Verhalten in ihren sozialen Rollen abverlangen, nicht unbedingt unauthentisch zu Deiner Persönlichkeit stehen müssen. Das einheitliche Bewusstsein steht über all dem und macht Dich in jeder Rolle authentisch, wenn Du Dein Wesen offen und ehrlich auslebst und zu Dir stehst. Konkret teilt sich kohärentes und damit authentisches Handeln in 4 Teilbereiche auf, die untereinander stimmig sein müssen, damit es für Dich gesund ist.

Was fühlst Du zu einem bestimmten Thema und wie fühlst Du Dich dabei?

Am besten ist es natürlich, wenn sich für Dich alles gut und stimmig anfühlt. Das sollte das optimale Ziel sein. Es gibt aber im Leben auch immer wieder Situationen, die Disziplin, Konfliktbereitschaft und Durchsetzungsvermögen erfordern, um nötige Situationen zu Deinen Zielvorstellungen zu lösen. Gerade für den konfliktscheuen INFJ-Persönlichkeitstyp ist das fast immer sehr schwer. In diesem Fall kann ich Dir nur empfehlen, selbstbewusst durch diesen Konflikt hindurchzugehen. Mach Dir bewusst, wofür Du das machst und was Du verlierst, wenn Du es nicht schaffst.

Das, was Du fühlst, ist auch für die 3 folgenden Punkte, die ich gleich ansprechen werde, sehr wichtig. Du kennst diesen Satz bestimmt: "Ich habe ein schlechtes Gefühl dabei, wenn ich etwas tue, sage oder ein bestimmter Gedanke bei mir hochkommt." Vertraue auf Dein Gefühl - vornehmlich Dein Bauchgefühl - wenn es sich meldet. Damit liegst Du im Zweifelsfall zu mindestens 55 % richtig. Wiederholt sich ein unangenehmes Gefühl mehrfach, ist es an der Zeit, hier genauer hinzusehen und zu forschen: Irgendetwas muss hier falsch sein, das Du korrigieren solltest. Was Du nicht korrigierst, kommt irgendwann mindestens genauso stark als Konflikt wieder auf Dich zu. Also bestehe Deine Aufgaben und lerne Deine Lektion! Wenn es Dich später nicht mehr triggert, hast Du es geschafft.

"Du bist nicht Deine Gedanken!" Diesen Satz hat wahrscheinlich jeder Mensch schonmal gehört, der sich mit Meditation befasst. Deine Gedanken solltest Du möglichst aus einer Beobachterperspektive betrachten können. Als INFJ ist das deutlich besser möglich als bei allen anderen Persönlichkeitstypen des Myers-Briggs-Type-Indicator (MBTI). Nebenbei sei aber noch auf das INFJ-typische Problem des Overthinking hingewiesen, wo Deine Gedanken unangeleint außer Kontrolle Dich überrennen.

Bei vielen Menschen wurden Gedanken, meist routinemäßig schon seit während der Kindheit einprogrammiert und auf Dauerschleife geschaltet. Das kann sich leicht zu einem zwanghaften Denken ausweiten. Davon gibt es im Alltag genug Beispiele. Das beste Beispiel der allgemeinen Zwangsneurose ist der Satzanfang: "Ich muss noch, jetzt, etc." Solche Sätze beginnen in Deinen Gedanken ...im Kopf.

Die meisten Menschen denken leider nicht selbstständig, sondern werden indirekt gesteuert. Erforsche regelmäßig Deine Gedanken, was wirklich Deine eigene Denkleistung ist und wie nützlich oder auch schädlich Deine Gedanken sind, die durch Deinen Kopf ziehen. Ist es wirklich das, was Du willst und was Dich weiter bringt? Wenn Du diese Fragen mit einem Ja beantworten kannst, bist Du auf Deinem besten Weg!

Mein Gruppenführer bei der Bundeswehr hatte uns in der Fernmelde-Grundausbildung immer ermahnt: "Erst nachdenken, dann die Sprechtaste drücken." Was einmal aus Deinem Mund raus ist, ist raus! Eine Entschuldigung oder eine Korrektur kann die Situation noch abfedern, aber Nachricht der ursprünglichen Botschaft bleibt für immer im Kopf des Empfangenden in Erinnerung. 

Auch Dinge bewusst zu sagen, wenn sie nicht mit Deinen Standards konform sind, führen zu Problemen. Das gilt selbst für verständliche Notlügen, die eigentlich eine unangenehme Situation in Schach halten sollen. Worte können sehr mächtig sein. Schweigen aber auch.Sowie positiv als auch negativ. Nutze Deine Worte klug und achtsam.

Wir INFJ-Persönlichkeiten ziehen den ehrlichen und direkten Weg vor, weil das unsere Art ist, unseren Mitmenschen Respekt zu zeigen bzw. eine klare Aussage treffen wollen. Schließlich wollen wir auch nicht belogen oder in Unwissen gehalten werden. Trotzdem dürfen wir INFJ noch an unserem Taktgefühl und unserer Diplomatie manchmal etwas arbeiten.

Das, was Du tust, ist das, nachdem Du im Zweifelsfall gemessen wirst. Das tatsächliche Tun ist die höchste Ebene der Wahrhaftigkeit, in das alle zuvor besprochenen Aspekte des einheitlichen Bewusstseins hineinmünden. Leere Versprechungen gibt es viel zu viele. Nur an den Taten oder Nichttaten kannst Du einen Menschen am besten erkennen. Deine größte Gefahr besteht darin, in einer Konfliktsituation Deine Selbstbeherrschung zu verlieren und etwas zu tun, was Du später bereust.

Heutzutage tun viele Menschen Dinge, die sie nicht wirklich tun wollen, weil sie glauben, dass sie es tun müssen. Daraus können schnell massive Konflikte entstehen. Von der anderen Seite wird sogenannte Durchsetzungsfähigkeit oft dadurch definiert, wie gut jemand einen anderen Menschen dazu zwingen kann, etwas zu tun, das dieser andere Mensch nicht oder nur widerwillig tun möchte. Nach meiner Sichtweise wäre der bessere Ansatz das Überzeugen des anderen Menschen, etwas zu tun.  

Wie verträgt sich das, was Du tatsächlich machst mit Deinen persönlichen Wertvorstellungen? Kannst Du Dich mit gutem Gewissen im eigenen Spiegel betrachten? Diese Frage klingt mehrdeutig und sollte von Dir durchaus auch so behandelt werden: vor einem geistigen Spiegel der Meditation oder in einem echten Spiegel. Stell Dich Dir!

Dein Ziel sollte wenn möglich immer sein: Be kind - always.

Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden zu Deinen Worten

Achte auf Deine Worte, denn sie werden zu Deinen Handlungen

Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden zu Deinen Gewohnheiten

Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden zu Deinem Charakter

Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal

(chinesisches Sprichwort)

Konfliktsituationen dieser 4 Komponenten des einheitlichen Bewusstseins dürfte wohl jeder in irgendeiner Weise kennen. Hier ein paar Beispiele, die mir dieses Jahr in der Praxis begegnet sind:

• eine seit kurzem vegane Kellnerin, die in einem Spezialitätenrestaurant für Fisch arbeitet und natürlich die Gäste zum Essen von Fisch animieren soll
• ein Soldat, die einen rechtlich einwandfreien Befehl von seinem Vorgesetzten erhält, der aber seinen Wertevorstellungen widerspricht
• die Lehrerin in einer Schule, die besonders gute Erfolge mit ihren Schülern hat, weil sie eine neue Lernmethode anwendet. Anstatt Lob bekommt sie aber Ärger mit der Schulleitung, weil der Notenspiegel der Klasse nicht mehr der gewohnten Norm entspricht.
• ein leitender Bankangestellter, der mitbekommt, dass seine Vorgesetzten immer mal wieder krumme Deals durchziehen
• der Sales Agent eines Fitnessstudios, der aggressive Verkaufsmethoden anwendet und von einigen Kunden zu Recht verärgert in die Schranken gewiesen wird. Irgendwie merkt er, dass er mit der vorgegebenen Firmenpolitik mehr Schaden als zufriedene Kunden produziert.
• Ein Arzt, der eine psychisch labile Patientin zu einer nicht wirklich nötigen Behandlung überredet, um mehr Geld zu verdienen
• Ein Mann, der seiner Lebenspartnerin versprochen hat, seinen Alkoholkonsum deutlich zu senken und sich an der Kosten der gemeinsamen Wohnung zu beteiligen, aber immer wieder seine Vorsätze bricht.
• Und noch ein Klassiker zum Schluss: die Fremdgeherin, die parallel zu ihrem Lebenspartner mit dem Lebenspartner ihrer besten Freundin ins Bett springt und irgendwann ein sehr schlechtes Gewissen bekommt.

Die Liste ließe sich lange weiterführen. Immer ist mindestens eine der oben genannten Komponenten nicht mit den anderen Komponenten kohärent. Darum kommt es zu Problemen.

Als Grundlage zur Erarbeitung Deiner Lösungen brauchst Du

1. eine Liste mit den Konfliktsituationen, die Du hast
2. jedes Problem wird auf Kohärenz der 4 Komponenten hin überprüft
3. Werde Dir klar, warum es zu den Abweichungen gekommen ist
4. Werde Dir klar, was passieren muss, um hier eine Kohärenz herzustellen bzw. wieder herzustellen (wahrscheinlich sind mehrere Lösungswege möglich)
5. Werde Dir über die Konsequenzen klar, wenn Du hier keine Kohärenz zwischen allen 4 Komponenten erreichen kannst
6. Ist eine Teilherstellung eines einheitlichen Bewusstseins möglich, mit der Du kurzfristig bis mittelfristig leben könntest? Oder kannst Du Dein Gegenüber zu einer positiven Änderung Deiner Situation bringen, mit der Ihr leben könnt? Oder ist hier die Beendigung des unseligen Verhältnisses das Beste?

Versuche, einer optimalen Lösung so nahe wie möglich zu kommen. Mache zum Schluss nochmal die Probe, wie kohärent jetzt alle 4 Komponenten Deines einheitlichen Bewusstseins sind und wie gut Du mit dem Ergebnis leben kannst. Sollte eine Kohärenz von 100% erreicht worden sein, dürfte es keinerlei nennenswerte Probleme mehr geben. In Zukunft kannst Du dann gleich von Anfang an Dein Bewusstsein ganzheitlich auf Dein Leben ausrichten und wirst dadurch deutlich mehr Lebensqualität genießen können.